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männer.ch sagt Ja zum Grundeinkommen

Am 5. Juni 2016 stimmt die Schweizer Bevölkerung über die Initiative zum bedingungslosen Grundeinkommen ab. männer.ch empfiehlt die Annahme der Initiative. In einem Positionspapier zeigen wir auf, wie das Grundeinkommen die Gleichstellung unterstützt.

«Das Grundeinkommen soll der ganzen Bevölkerung ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen», fordert der Initiativtext. Die Höhe des Grundeinkommens wird nicht beziffert. Man geht von einer Höhe von CHF 2’500.- pro erwachsene Person aus. männer.ch empfiehlt die Annahme der Volksinitiative und unterstützt die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen.

1. Das Grundeinkommen weist einen Weg aus dem Ernährerzwang

Die traditionelle Männerrolle fordert volle Performance in allen Lebensbereichen. Eindimensionale Leistungsorientierung wird so zur Normalität. Zwar sagen 9 von 10 Männern, sie wollten weniger und flexibler arbeiten (Meier-Schatz 2011). Gleichzeitig wagen nur 16.4 aller Männer (und nur 1 von 10 Vätern kleiner Kinder) den Schritt in die Teilzeitarbeit.

männer.ch sieht im bedingungslosen Grundeinkommen einen Hebel, um den männlichen Erwerbs- und Leistungszwang zu lockern: Die finanzielle Entlastung schafft auch für Männer konkrete Freiheitsgrade, um das Leben offener und nachhaltiger zu gestalten, der Sinnfrage in und ausserhalb der (Erwerbs-)Arbeit mehr Gewicht zu geben sowie das eigene Engagement in der unbezahlten Arbeit daheim und für die Gesellschaft zu erhöhen. Das bedingungslose Grundeinkommen befördert auch eine kritische Auseinandersetzung der ganzen Gesellschaft mit ihrem patriarchalen Erbe, d.h. der ihr eigenen Tendenz zur Selbst- und Fremdausbeutung.

2. Das Grundeinkommen fördert Verteilungsgerechtigkeit

Es gibt kein faules Geschlecht. Männer wie Frauen leisten unter dem Strich etwa gleich viele Arbeitsstunden pro Woche (Eltern kleiner Kinder z.B. weit über 70 Stunden). Aber: Die bezahlte und unbezahlte Arbeit ist zwischen den Geschlechtern ungleich verteilt. Männer leisten etwa 2/3 der gesamten Erwerbsarbeit, aber nur 1/3 der gesamten Haus- und Familienarbeit.

Das bedingungslose Grundeinkommen wirkt auf alle vier Hebelkräfte in Richtung einer faireren Verteilung der Arbeit zwischen den Geschlechtern und ermöglicht insbesondere Vätern, ihr zeitliches Engagement in der Familie zu erhöhen.

 

Nutzung aller vier Hebelkräfte zur fairen Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern:
– Frauenförderung in der Erwerbsarbeit (1),
– Männerermutigung für mehr Teilzeitarbeit (2),
– Männerförderung in der Familienarbeit (3),
– Frauenermutigung zur Verantwortungsteilung in der Familienarbeit (4).

 

Zudem sorgt das Grundeinkommen per se bereits für mehr Verteilungs­gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern, weil es Männnern wie Frauen ein gleich hohes Grundeinkommen garantiert – und somit der Raum für geschlechtsspezifische Unterschiede und Diskriminierungen (z.B. Lohnungleichheit) verkleinert. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit einer Angleichung männlicher und weiblicher Erwerbsbiografien. 

 

 

 

3. Das Grundeinkommen ist Stress- und Risikoprävention

Traditionelle Männlichkeit ist ein Gesundheitsrisiko. Europaweit sterben Männer 6.1 Jahre früher als Frauen (Lebenserwartung 76.1 vs 82.2 Jahre)[2]. Dieser Unterschied ist nicht biologisch, sondern lebensstil-bedingt. Im erwerbsfähigen Alter (15-64 Jahre) sterben jährlich 630’000 Männer und 300’000 Frauen[3]. Drei bis vier Mal häufiger als Frauen sterben Männer bei Verkehrsunfällen und durch Selbstmord, gar 20 Mal so häufig bei Unfällen am Arbeitsplatz[4].

Das bedingungslose Grundeinkommen hat hier ein substanzielles Präventionspotenzial: Männer würden mehr Zeit für einen ausgewogeneren Alltag und gesünderen Lebensstil finden. Aufgrund des gelockerten Erwerbszwangs sinkt der Stress – und damit auch die Wahr­scheinlichkeit stress­bezogenen Risikoverhaltens (z.B. Suchtprobleme, Suizid etc.). Die Balance zwischen Arbeitswelt, Partnerschaft/Familie und Eigenwelt wird erleichtert.

 

 

 

 

 

4. Das Grundeinkommen fördert egalitäre Beziehungen

In der Schweiz ist das modernisierte Ernährermodell die Norm: Der Mann arbeitet Vollzeit, die Frau steuert mit einem meist tiefen Teilzeitpensum ein Zweiteinkommen bei. Damit sind wir aus Sicht von männer.ch noch weit entfernt vom Ideal egalitärer Beziehungs- und Familienmodelle.

Durch das bedingungslose Grundeinkommen wird die egalitäre Rollenverteilung unter Paaren gefördert: Durch das Grundeinkommen verringert sich die Diskrepanz zwischen Männer- und Frauenrollen automatisch. Wenn alle finanziell abgesichert sind, braucht es keinen Ernährer mehr. Diese Rollenangleichung führt zu neuen Alltagserfahrungen für Menschen in Beziehungen.

Das Grundeinkommen fördert die männliche Mehrbeteiligung in der Familien- und Hausarbeit – und diese fördert die Erwerbskontinuität der Frauen. Das bedeutet für die Familie in der Folge ein geringeres wirtschaftliches Klumpenrisiko als im klassischen Ernährermodell und ist gleichzeitig ein Beitrag zur Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen.

Egalitäre Paare sind geübter in der Verständigung und Aushandlung. Wenn es doch zur Trennung kommen sollte, verläuft diese friedlicher als zwischen Paaren, die traditionelle Rollenverteilungen aufrecht erhalten. Behauptungen wie zum Beispiel, dass das ausgeglicherene Miteinander im Alltag ein weniger intensives sexuelles Verhältnis zur Folge hat, sind realitätsfremd. Auch die Kinder wünschen sich egalitäre Familienmodelle, die damit verbundene Abwechslung in ihrer Lebens- und Beziehungswelt und ganz besonders den gemeinsamen Alltag mit dem Vater[5].

 

[2] European Union (2011). The State of Men’s Health. S. 38

[3] European Union (2011). The State of Men’s Health. S. 35

[4] European Union (2011). The State of Men’s Health. S. 66

[5] http://www.nfp52.ch/d_dieprojekte.cfm?Projects.Command=details&get=12