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Männerarbeit – ein Erfahrungsbericht aus dem Lehrgang von männer.ch

Im September fand die erste von drei Blockwochen unseres Lehrgangs Männerarbeit 2021/2022 statt. Für achtzehn (zukünftige) Fachmänner aus Deutschland und der Schweiz war es der vertiefte Einstieg in ein grosses Thema: die geschlechterreflektierte Arbeit mit Jungen, Männern und Vätern. Ich war einer davon und berichte hier über meine Eindrücke aus dieser Woche. Ich hoffe, damit Interessierten eine hilfreiche Perspektive zu geben.

Ein Privileg

Es ist für mich ein Privileg, mich eine ganze Woche so intensiv und fokussiert einem Thema widmen zu können. Noch dazu an einem so schönen Ort. Wir leben und arbeiten auf einer Anhöhe im Schwarzwald. Wenn wir aus dem grossen Fenster unseres Tagungsraumes blicken, sehen wir über einen Wald in ein grünes Tal.

Ausblick Schwarzwald

Der Tagungsraum ist gleich neben unserer Herberge. Wir werden hervorragend bekocht und geniessen den schönen Garten. Nur wenige von uns sitzen am Abend am Laptop und wenn, dann nur kurz. Manche erkunden die nähere Umgebung bei einem Spaziergang oder einer Joggingrunde.

Damit ich an dem Kurs teilnehmen kann, hat es einiges an Vorbereitung und Einsatz gebraucht. Markus Theunert, Valentin Kilchmann und viele andere haben diesen Lehrgang organisiert und vorbereitet, meine Kolleginnen und Kollegen übernehmen meine Arbeit im Büro, und meine Frau schmeisst ihren Job und unsere Familie samt Haushalt eine Woche lang alleine. Darum bin ich sehr dankbar, hier sein zu dürfen.

Orientierung durch Impulse und Austausch

Und ich freue mich. Viele Themen rund um Gender im Allgemeinem und Männlichkeit im Speziellen sind sehr stark in Bewegung und daher für mich oft unscharf. Als systemisch geschulter Berater sind mir die Herausforderungen in Veränderungsprozessen und der Umgang damit vertraut. Doch die professionelle Arbeit mit Geschlechterthemen sind für mich als Leiter für betriebliche Väterarbeit beim Väternetzwerk Schweiz  zunächst einmal Neuland.

Natürlich habe ich als Vater von drei Töchtern einiges an Erfahrung. Doch es ist klar: Ich brauche Austausch und Orientierung: Wie stehe ich zu diesem oder jenem? Welche Perspektiven gibt es dazu noch? Was sind die grössten Nöte, Herausforderungen und Chancen? Und wie packe ich die ganz konkreten Fragestellungen in meiner Arbeit wirksam an? Ich erhoffe mir zu vielen meiner Fragen Klarheit oder zumindest „Confusion on a much higher Level“.

Geschlechterreflektierte Arbeit nur mit Männern?

Ich gebe zu, eine Woche nur mit Männern zu arbeiten, war vor der Blockwoche nicht unbedingt das Setting, das ich mir ausgewählt hätte. Aber ich habe hier dazugelernt. Denn die Diversität unserer Gruppe ist hoch. Die Persönlichkeiten, die Lebensentwürfe, die beruflichen und persönlichen Erfahrungen und Perspektiven sind sehr unterschiedlich. Und das ist wertvoll. Gleichzeitig bietet die „Männerrunde“ eine stimmige Intimität. Beim Frühstück, in den Pausen und am Abend tauschen wir uns aus.

Das hat mich überrascht: Es bilden sich keine festen Untergruppen. Ein Teil trifft sich am Feuer, eine Gruppe geht spazieren, aber alle sind neugierig und suchen immer wieder neue Gesprächspartner. Denn es gibt viel zu erfahren: Lustiges, Überraschendes, Befremdendes, Trauriges, Seltsames und Verbindendes.

Lehrgang Männerarbeit Tagungsort
Tagungsraum

Männlichkeit, ein vielfältiges Spannungsfeld

Unsere Tage sind intensiv. Abends bin ich müde, aber nicht matt, sondern erfüllt mit verschiedenen Ideen und Einsichten. Hier einige der wichtigsten:

  • Von Dr. Reinhard Winter habe ich viel gelernt über die Sozialisation von Männern und die Wichtigkeit, Männlichkeit als Balance zwischen dem Traditionellen und dem Modernen zu verstehen. Das ist hilfreich, nicht nur in Bezug auf Geschlechterarbeit sondern bietet ganz viel auch für die Begleitung anderer  Veränderungsprozesse.
  • Björn Süfke hat gezeigt, wie man auf humorvolle Art in der Beratung liebevoll konfrontiert und dabei einen tollen Rucksack mit sehr praktischer Theorie ganz locker anwendet.
  • Remo Ryser ist mit uns in die Vielfalt des Vaterseins eingetaucht und hat die Spannungsfelder begehbar gemacht.
  • Björn Vedder hat als Philosoph spannende Fragen zu „Väter der Zukunft“ gestellt, mit der Herzensordnung und dem „Leben von hinten denken“ sehr überzeugende und inspirierende Antworten auf die Frage gegeben, wozu es Väterlichkeit überhaupt brauch, und gezeigt, dass Väterlichkeit nicht nur von Männern gelebt werden kann und muss.
  • Klaus Schwerma hat uns durch seine Methodenarbeit mutig und kreativ vom Kopf in den Körper geholt und frische Energie in die Gruppe gebracht.
  • Markus Theunert hat auf ruhige und fundierte Art den Rahmen gesetzt und gehalten, hat die Struktur sichtbar gemacht und wertvoll Hinweise für die Anwendung in der eigenen Arbeit gegeben.

Darüber hinaus nehme ich viele schöne persönliche Begegnungen mit.

Wir arbeiten entlang eines Dreiecks, das der geschlechterreflektierten Arbeit mit Jungen, Männern und Vätern Orientierung stiftet (mehr dazu hier): Unterstützen – Öffnen – Begrenzen. „Unterstützen“ war als Motto der ersten Woche sehr passend. Ich freue mich auf die Fortsetzung im November wenn es um das Öffnen gehen wird.

Herzliche Grüsse

Reto Kessler

Notizen-Lehrgang_Männerarbeit

Leiter betriebliche Väterarbeit bei männer.ch | Website

Reto arbeitet seit März 2021 für männer.ch. Als Leiter vom Väternetzwerk Schweiz ist er für die Kursangebote sowie die Entwicklung und Umsetzung der betrieblichen Väterarbeit zuständig. Daneben ist er als Organisationsberater tätig. Reto lebt mit seiner Familie in der Ostschweiz.

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